Landtag von Baden-Württemberg 17. Wahlperiode
Antrag Drucksache 17 / 299 24.6.2021
der Abg. Udo Stein und Bernhard Eisenhut u. a. AfD
und
Stellungnahme
des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Rehkitzrettung mit Drohnen in Baden-Württemberg
Antrag
Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen
I. zu berichten,
- wie die Landesregierung den Mähtod von Rehkitzen in Bezugnahme auf das Tierschutzgesetz bewertet;
- wie die Landesregierung ihren eigenen Einsatz, vor allem auch finanzieller Natur, in Bezug auf die Rettung von Rehkitzen vor dem Mähtod bewertet;
- wie viele Drohnen aus dem aktuellen Förderprogramm Rehkitzrettung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung in diesem Jahr in Baden-Württemberg gefördert worden sind;
- wie viele Kitze im Durchschnitt im Jahr mit einer Drohne in der Haupteinsatzzeit Mai bis Juni aufgefunden und in Sicherheit gebracht werden können;
- wie hoch die Landesregierung das Risiko durch mit Kadavern von Rehkitzen vergiftetes Futter einschätzt, wenn durch die Mähmaschine getötete Kitze in das Futter gelangen;
- wie viele Drohnen nach Kenntnis der Landesregierung in Baden-Württemberg zur Kitzrettung eingesetzt werden;
- wie die Landesregierung den Einsatz von Drohnen zur Kitzrettung und zu anderen jagdlichen Zwecken beurteilt;
- ob die Landesregierung den Erwerb des sogenannten „Drohnenführerscheins“ für Jäger zukünftig mit Landesmitteln fördern wird;
Eingegangen: 24.6.2021/Ausgegeben: 28.7.2021
II. sich im Stiftungsrat der Stiftung Naturschutzfonds über die Umweltministerin, die Vertreter der Regierungsfraktionen sowie die Regierungspräsidenten für eine Förderung von Drohnen zur Rehkitzrettung in den Folgejahren aus dem Haushaltsplan der Stiftung einzusetzen.
24.6.2021
Stein, Eisenhut, Baron, Gögel, Sänze AfD
Begründung
Die Rehkitzrettung mit Drohnen hat sich aus Privatinitiativen heraus zu einem wichtigen Instrument des Tierschutzes entwickelt. Die Problematik Mähtod wird im Zusammenhang mit dem zunehmenden Anbau von Energiepflanzen auch für andere Tierarten gesehen. Es wird viel Tierleid vermieden, auch Gefahren für die Nutztiere durch Kadavergift im Futter werden minimiert. Das ehrenamtliche Engagement vor allem der Jägerschaft kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die beträchtlichen Kosten der Anschaffung von solchen Drohnen mit Wärmebildkameras können nicht allein Privatleuten überlassen werden. Seit der Tierschutz im Grundgesetz steht, ist der Staat hier in einer besonderen Verantwortung. In dem Bericht des Landesrechnungshofs zur Stiftung Naturschutzfonds vom Mai 2018 schlägt der Rechnungshof eine Neuorientierung der bisherigen Förderpolitik vor. Auch weist er auf das stark angewachsene Stiftungsvermögen hin, das durch Beschränkungen bei der Förderpolitik als auch bei der praktischen Umsetzung der Förderungen so anwachsen konnte. Hier könnte die Stiftung ehrenamtliches Engagement fördern, das den Natur- und Tierschutzgedanken in breite Bevölkerungsschichten tragen kann.
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 20. Juli 2021 Nr. Z(54)-01415/9F nimmt das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen
I. zu berichten,
1. wie die Landesregierung den Mähtod von Rehkitzen in Bezugnahme auf das Tierschutzgesetz bewertet;
Zu 1.:
Wer wissentlich Kitze vermäht oder vermähen lässt, macht sich tierschutzrechtlich strafbar. Es sind hierzu auch strafgerichtliche Urteile ergangen. Ungeachtet dessen, gehört der Schutz der Kitze vor dem Vermähen zur guten fachlichen Praxis. Um das Vermähen soweit möglich zu vermeiden, ist es notwendig, Kontakt mit den Jägerinnen und Jägern zu halten und geeignete Kitzrettungsmaßnahmen vorzusehen.
Es gehört zum hegerischen Auftrag der Jagdausübungsberechtigten, Schutzmaßnahmen gegen das Verletzen oder Töten von Jungtieren beim Mähen mit den Landwirtinnen und Landwirten abzustimmen.
Zu 2.:
Es wird auf die Beantwortung des Antrages der Abg. Udo Stein u. a. AfD, Drs. 16/4375 verwiesen.
3. wie viele Drohnen aus dem aktuellen Förderprogramm Rehkitzrettung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung in diesem Jahr in Baden- Württemberg gefördert worden sind;
Zu 3.:
Nach einer Presseinformation der dpa-Gruppe vom 23. Juni 2021 „unterstützt das Bundeslandwirtschaftsministerium seit Mitte März die Anschaffung mit insgesamt rund drei Millionen Euro. In Baden-Württemberg profitieren davon derzeit 39 Teilnehmer, denen insgesamt 41.600 Euro bewilligt wurden. Vereine, die Tier- und Naturschutz zum Ziel haben, können noch bis September Anträge stellen. Gefördert wird die Anschaffung von bis zu zwei Drohnen mit Wärmebildkameras und zugehörigen Ersatzakkus. Die Förderung pro Drohne beträgt dabei 60 Prozent oder maximal 4.000 Euro der zuwendungsfähigen Ausgaben.“ Weitergehende Informationen liegen nicht vor.
4. wie viele Kitze im Durchschnitt im Jahr mit einer Drohne in der Haupteinsatz- zeit Mai bis Juni aufgefunden und in Sicherheit gebracht werden können;
Zu 4.:
Es gibt keine entsprechende Berichtspflicht, weswegen zur Anzahl der Kitze, die vor der Mahd in Sicherheit gebracht werden, keine statistischen Daten vorliegen.
5. wie hoch die Landesregierung das Risiko durch mit Kadavern von Rehkitzen vergiftetes Futter einschätzt, wenn durch die Mähmaschine getötete Kitze in das Futter gelangen;
Zu 5.:
Generell ist es bekannt, dass ein mit Tierkadavern kontaminiertes Futtermittel ein Risiko in der Tierfütterung darstellen kann. Im schlimmsten Fall können Tierkadaver, die bei der Ernte oder der Lagerung in Futtermittel gelangen (z. B. in Heu oder Silage), eine tödliche Vergiftung auslösen. Neben Kadavern können jedoch auch Kontaminationen von Futtermitteln z. B. durch Kot Gefahren für die Tiergesundheit darstellen.
Als vorbeugende Maßnahme ist daher eine möglichst hygienische Futtererzeugung im Sinne einer guten landwirtschaftlichen Praxis unerlässlich. Hierzu zählen unter anderem ein möglichst optimaler Schnittzeitunkt, eine rasche und verschmutzungsfreie Ernte- und Siliertechnik sowie Abdeckung gegen Kontamination und Schadkeimeintrag.
Mit der Verordnung (EG) Nummer 183/2005 (Futtermittelhygiene-Verordnung) wurden daher konkrete Anforderungen für sämtliche Tätigkeiten von Futtermittelunternehmern festgelegt und die allgemeinen Vorschriften über die Futtermittelsicherheit nach der VO (EG) Nummer 178/2002 ergänzt und vertieft. Hierbei sind alle Stufen der Futtermittelkette von der Futtermittelprimärproduktion bis zum Inverkehrbringen von Futtermitteln erfasst. Auch die Fütterung von zur Lebensmittelgewinnung bestimmten Tieren ist erfasst.
Nach den Vorschriften der Futtermittelhygiene-Verordnung ist der Primärproduzent dazu verpflichtet, der guten landwirtschaftlichen Praxis zu folgen und Arbeitsvorgänge so durchzuführen, dass Gefahren verhütet, beseitigt oder minimiert werden, die geeignet sind, die Futtermittelsicherheit zu beeinträchtigen. Hierzu zählt auch der Schutz von Primärerzeugnissen gegen Verunreinigung und gefährliche Kontamination durch Tiere und Schädlinge.
Bei der Fütterung von zur Lebensmittelgewinnung bestimmten Tieren müssen Landwirte ebenfalls Maßnahmen ergreifen und Verfahren anwenden, mit denen das Risiko einer biologischen, chemischen und physikalischen Kontamination von Futtermitteln, Tieren und tierischen Erzeugnissen so niedrig wie vernünftigerweise vertretbar gehalten wird.
Die Verantwortung für die Futtermittelsicherheit liegt beim Futtermittelunternehmer. Besteht daher der Verdacht, dass ein Futtermittel möglicherweise aufgrund einer Kontamination nicht mehr sicher ist, so darf dieses Futtermittel bis zur Klärung (z. B. durch eine durch den Futtermittelunternehmer beauftragte mikrobiologische Untersuchung) nicht weiterverwendet werden.
Seitens der amtlichen Futtermittelüberwachung wurden in den letzten Jahren keine Befunde zu Kadavern in Futtermitteln bzw. zu mikrobiologischen Verunreinigungen, die auf Kadaver zurückgeführt werden konnten, berichtet.
6. wie viele Drohnen nach Kenntnis der Landesregierung in Baden-Württemberg zur Kitzrettung eingesetzt werden;
Zu 6.:
Es gibt keine entsprechende Berichtspflicht zum Erwerb und Gebrauch von Drohnen, weswegen zur Anzahl der Drohnen zur Kitzrettung keine statistischen Daten vorliegen.
7. wie die Landesregierung den Einsatz von Drohnen zur Kitzrettung und zu anderen jagdlichen Zwecken beurteilt;
8. ob die Landesregierung den Erwerb des sogenannten „Drohnenführerscheins“ für Jäger zukünftig mit Landesmitteln fördern wird;
Zu 7. und 8.:
Der technische Fortschritt zur Kitzsuche und insbesondere das Engagement der an der Kitzrettung Beteiligten wird begrüßt. Der Einsatz von Drohnen bei der Kitzrettung ist mittlerweile ein probates Mittel, um Rehkitze in landwirtschaftlich genutzten Flächen zu finden. Die Wildforschungsstelle Aulendorf arbeitet im Zusammenhang mit der seit langem zu Monitoringzwecken laufenden Kitzmarkierung auch bei der Kitzrettung eng mit der Jägerschaft zusammen.
Ziel aller Beteiligten ist es, Rehkitze sicher zu finden und hierüber wissenschaftliche Daten zu gewinnen, um mehr über die typischen Ablageorte von Kitzen und dem Verhalten des Rehwildes zu erfahren. Die Daten dienen auch dazu, die Suche nach Kitzen möglichst effizient zu gestalten. Im Hinblick auf andere jagdliche Zwecke ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Einsatz von Drohnen sinnvoll ist.
Unter Subsidiaritätsgesichtspunkten erscheint es derzeit nicht sinnvoll, den Erwerb eines sogenannten „Drohnenführerscheins“ mit Landesmitteln zu fördern. Allerdings bringt sich die Wildforschungsstelle beratend in die Erstellung von Schulungskonzepten ein.
Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2 des Antrages der Abg. Udo Stein u. a. AfD Drs. 16/4375 verwiesen.
II. sich im Stiftungsrat der Stiftung Naturschutzfonds über die Umweltministerin, die Vertreter der Regierungsfraktionen sowie die Regierungspräsidenten für eine Förderung von Drohnen zur Rehkitzrettung in den Folgejahren aus dem Haushaltsplan der Stiftung einzusetzen.
Derzeit ist nicht beabsichtigt, auf eine finanzielle Förderung zur Anschaffung von Drohnen hinzuwirken, vgl. Frage Ziffer 2.
Hauk
Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz