Landtag von Baden-Württemberg 17. Wahlperiode
Antrag Drucksache 17 / 295 24.6.2021
der Abg. Udo Stein und Bernhard Eisenhut u. a. AfD
und
Stellungnahme
des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Der Goldschakal in Baden-Württemberg
Antrag
Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen,
I. zu berichten,
- wie die Landesregierung die Ausbreitung des Goldschakals vom Balkan über Österreich und Bayern auch nach Baden-Württemberg im Hinblick auf die heimische Fauna, speziell des Niederwilds und hier wiederum der Bodenbrüter beurteilt;
- welche naturwissenschaftlichen und juristischen Kritierien den Goldschakal als in der EU-Richtlinie 92/43 aufgeführte Art von einem Neozoon wie dem Waschbär oder dem Marderhund unterscheiden;
- welche Folgerungen sich daraus im Hinblick auf das Jagdrecht ergeben, d. h., welche Gründe gegen eine Aufnahme ins Nutzungsmanagement des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes (JWMG) sprechen könnten;
- ob die Landesregierung hinsichtlich der Verhinderung einer Ausbreitung des Goldschakals eine Entnahmeprämie (z. B. 100 Euro pro Entnahme) in Betracht ziehen könnte;
II. zu beschließen, den Goldschakal wie andere Neozoen, wie z. B. den Waschbär, in das Nutzungsmanagement des JWMG aufzunehmen.
24.6.2021
Stein, Eisenhut, Baron, Gögel, Sänze AfD
Begründung
Erste Goldschakal-Sichtungen werden in Deutschland seit 1997 berichtet. Aus Baden-Württemberg werden Funde aus Ravensburg, dem Wurzacher Ried, Römerstein und Rastatt gemeldet. In der EU-Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 ist der Goldschakal im Anhang V aufgeführt unter „Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können.“
Da der Goldschakal vor 1997 in Deutschland nicht heimisch war, fällt er nicht unter Artikel 11 der EU-Richtlinie 92/43, er ist keine „prioritäre Art“ und Deutschland kein „prioritärer natürlicher Lebensraum“. Damit entfällt auch die Verpflichtung aus Artikel 14 der EU-Richtlinie 92/43 zur „Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands“.
Als Nahrungsgeneralist stehen auch gefährdete Arten wie Bodenbrüter/Niederwild auf seinem Speiseplan. Wie durch andere Neophyten oder Neozoen kann die heimische Natur (hier die Fauna) durch die Einwanderung des Goldschakals verändert werden und mittelfristig zur Gefährdung einheimischer Tierarten führen. Daher ist den Anfängen zu wehren, bevor wie beim Waschbär eine Zurückdrängung nicht mehr möglich scheint.
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 16. Juli 2021 Nr. 75-0141.5/210 nimmt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten,
1. wie die Landesregierung die Ausbreitung des Goldschakals vom Balkan über Österreich und Bayern auch nach Baden-Württemberg im Hinblick auf die heimische Fauna, speziell des Niederwilds und hier wiederum der Bodenbrüter beurteilt;
Derzeit sind keine konkreten Auswirkungen auf die heimische Fauna durch die Ausbreitung des Goldschakals bekannt. Einen erheblichen Einfluss des Goldschakals auf Bodenbrüter konnte bisher weder wissenschaftlich belegt noch widerlegt werden. Die Ausbreitung des Goldschakals unterliegt einer natürlichen Dynamik. Die Entwicklung des Goldschakals im Land wird nicht systematisch erfasst. Hinweise zum Goldschakal werden opportunistisch im Rahmen des Großkarnivoren- Monitorings der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt miterfasst, da die Hinweise i. d. R. als Wolfsverdacht gemeldet werden.
2. welche naturwissenschaftlichen und juristischen Kriterien den Goldschakal als in der EU-Richtlinie 92/43 aufgeführte Art von einem Neozoen wie dem Waschbär oder dem Marderhund unterscheiden;
Der Goldschakal hat sich ausgehend von Südosteuropa – dort ist er heimisch – durch natürliche Zuwanderung nach Mitteleuropa ausgebreitet. Bislang wurden in Deutschland lediglich einzelne Exemplare beobachtet, eine Fortpflanzung innerhalb von Baden-Württemberg ist nicht bekannt. Aufgrund der nur wenigen Einzelexemplare gilt er in Deutschland nicht als etabliert. Waschbär und Marderhund haben sich erst nach örtlicher Verbringung durch den Menschen im Zuge beabsichtigter und unbeabsichtigter Freisetzung ausgebreitet. Waschbär und Marderhund sind darum im Gegensatz zum Goldschakal als Neozoen (gebietsfremde Arten) einzustufen.
Der Goldschakal ist im Gegensatz zu Waschbär und Marderhund in Anhang V der Richtlinie 92/43/EWG, der FFH-Richtlinie, gelistet. Er unterliegt damit den Schutzbestimmungen, die für Arten des Anhangs V der FFH-Richtlinie gelten. Der Goldschakal unterliegt im Gegensatz zu Waschbär und Marderhund nicht der Richtlinie (EU) 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten. Waschbär und Marderhund sind in der Liste der invasiven gebietsfremden Arten von unionsweiter Bedeutung (Unionsliste) gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) 1143/2014 enthalten. Den Umgang mit Arten der Unionsliste regeln die §§ 40a bis 40f des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Der Goldschakal ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13c) BNatSchG in Verbindung mit Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Nach derselben Rechtsgrundlage sind Waschbär und Marderhund nicht besonders geschützt.
3. welche Folgerungen sich daraus im Hinblick auf das Jagdrecht ergeben, d. h., welche Gründe gegen eine Aufnahme ins Nutzungsmanagement des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes (JWMG) sprechen könnten;
Vom Goldschakal wurden in Baden-Württemberg bislang nur einzelne Exemplare als Zufallsbeobachtungen gesichtet, wodurch eine Zuordnung zum Nutzungsmanagement gemäß § 7 Abs. 4 JWMG nicht greift. Somit sind derzeit die Voraussetzungen für eine Aufnahme des Goldschakals in das Nutzungsmanagement des JWMG nicht gegeben. Das JWMG bietet als dynamisches Managementgesetz die Möglichkeit, Arten, die nach den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zu den streng geschützten Arten gehören (§ 7 Abs. 6 JWMG), in das Gesetz aufzunehmen, wie es z. B. bei Auerwild und Wildkatze der Fall ist. Empfehlungen zur Aufnahme und Entlassung von Wildtierarten oder Änderungen in der Zuordnung der Managementstufen von Wildtierarten werden im Rahmen des Wildtierberichts 2021 beraten. Ob Wildtierarten ins JWMG aufgenommen werden, wird auf der Grundlage des Wildtierberichts 2021 entschieden, bei streng geschützten Arten im Einvernehmen mit der obersten Naturschutzbehörde.
4. ob die Landesregierung hinsichtlich der Verhinderung einer Ausbreitung des Goldschakals eine Entnahmeprämie (z. B. 100 Euro pro Entnahme) in Betracht ziehen könnte;
Aufgrund des Schutzstatus‘ des Goldschakals als besonders geschützte Art unterliegt er den Schutzbestimmungen der §§ 39 und 44 BNatSchG. Entnahmen des Goldschakals bedürfen daher einer naturschutzrechtlichen Ausnahme gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG. Vor diesem Hintergrund und angesichts des bislang sich auf wenige Einzelexemplare beschränkenden Vorkommens des Goldschakals in Baden- Württemberg zieht die Landesregierung eine Entnahmeprämie zur Verhinderung der Ausbreitung des Goldschakals nicht in Betracht.
II. zu beschließen, den Goldschakal wie andere Neozoen, wie z. B. der Waschbär, in das Nutzungsmanagement des JWMG aufzunehmen.
Vor dem Hintergrund der Antworten zu den Fragen zwei bis vier kommt eine Auf- nahme des Goldschakals in das JWMG derzeit nicht in Betracht. Der Goldschakal unterliegt im Gegensatz zu Waschbär und Marderhund nicht der Richtlinie (EU) 1143/2014 über invasive gebietsfremde Arten.
Walker
Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft